Geist ist ein uneinheitlich verwendeter Begriff der Philosophie, Theologie, Psychologie und Alltagssprache.

Im Zusammenhang mit Bewusstsein kann man grob zwischen zwei Bedeutungskomponenten des Begriffs „Geist“ unterscheiden:

Bezogen auf die allgemeinsprachlich „geistig“ genannten kognitiven Fähigkeiten des Menschen bezeichnet „Geist“ im Sinne von "Psyche" das Wahrnehmen und Lernen ebenso wie das Erinnern und Vorstellen sowie Phantasieren und sämtliche Formen des Denkens (des "Verstands" oder der "Vernunft") wie Überlegen, Auswählen, EntscheidenBeabsichtigen und Planen, Strategien verfolgen, Vorher- oder VoraussehenEinschätzenGewichten, Bewerten, KontrollierenBeobachten und Überwachen, die dabei nötige Wachsamkeit und Achtsamkeit sowie Konzentration aller Grade bis hin zu hypnotischen und sonstigen tranceartigen Zuständen auf der einen und solchen von Überwachheit und höchster Geistesgegenwärtigkeit auf der anderen Seite.

Mit religiösen Vorstellungen von einer Seele bis hin zu Jenseitserwartungen verknüpft, umfasst „Geist“ die oft als spirituell bezeichneten Annahmen einer nicht an den leiblichen Körper gebundenen, nur auf ihn einwirkenden reinen oder absoluten, transpersonalen oder gar transzendenten Geistigkeit, die als von Gott geschaffen oder ihm gleich oder wesensgleich, wenn nicht sogar mit ihm identisch gedacht wird. Heiliger Geist wird in der christlichen Vorstellungswelt dagegen der „Geist Gottes“ genannt, der als Person der göttlichen Dreieinigkeit verstanden wird.

Die Frage nach der „Natur“ des Geistes ist somit ein zentrales Thema der Metaphysik.

In der Tradition des deutschen Idealismus bezieht sich der Begriff hingegen auf überindividuelle Strukturen. In diesem Sinne ist etwa die hegelsche Philosophie zu verstehen, aber auch Wilhelm Diltheys Konzeption der Geisteswissenschaften.

Die modernen heterogenen Konzeptionen des Geistes haben ihren Ursprung zum einen in der antiken Philosophie und zum anderen in der Bibel. Während sich in den meisten romanischen Sprachen ein entsprechender Begriff aus dem lateinischen spiritus entwickelte, leitet sich der Begriff des Geistes aus der indogermanischen Wurzel *gheis- für erschaudern, ergriffen und aufgeregt sein ab. Das westgermanische Wort *ghoizdo-z bedeutete wohl „übernatürliches Wesen“ und wurde mit der Christianisierung der Germanen christlich umgedeutet, so dass der Begriff in althochdeutschen (geist) und altenglischen (gást) Schriften als Übersetzung für den biblischen Spiritus Sanctus diente. Dieser Sinngehalt des Wortes hielt sich bis in die Gegenwart, so dass „Geist“ auch als Synonym für „Gespenst“ verwendet wird.

Eine weitere Bedeutungsebene, die heute jedoch nicht mehr offensichtlich ist, stellt „Geist“ in einen Zusammenhang mit „Atem, Windeshauch“ als Ausdruck der Belebtheit. So findet sich noch in Luthers Übersetzung der Bibel die Formulierung „der himmel ist durchs wort des herrn gemacht und all sein heer durch den geist seines munds“. Auch das lateinische spiritus weist diese Bedeutung auf; es ist mit spirare „atmen“ verwandt.

Zudem wird der Begriff des Geistes verwendet, um sich auf die kognitive und emotionale Existenz eines Lebewesens zu beziehen. Umstritten ist in der Theorie das Verhältnis von Geist und Gehirn: Während die Theologie und die Philosophie in der Tradition René Descartes' davon ausgehen, dass sich der Begriff „Geist“ auf ein immaterielles Ding bezieht, postulieren viele Naturwissenschaftler und Philosophen, der Geist sei nichts anderes als neuronale Aktivität. In diesem Fall beziehe sich der Terminus letztlich auf das Gehirn. Andere Philosophen behaupten wiederum, der Geist sei keine immaterielle Substanz, könne aber dennoch nicht auf das Gehirn reduziert werden. Die Natur des Geistes ist das Hauptthema der Philosophie des Geistes.

 
Johann Gottfried Herder

In verschiedenen Theorien, gelegentlich auch im Alltag, wird der Ausdruck zur Charakterisierung überindividueller Phänomene, Objekte, Eigenschaften oder Prozesse eingesetzt. Johann Gottfried Herders Werk Vom Geist des Christentums prägte diese Begriffsverwendung entscheidend mit. Ein zentrales Konzept der deutschsprachigen Kultur wurde „Geist“ spätestens mit dem Werk Georg Wilhelm Friedrich Hegels. Nach Hegel manifestiert sich in Gemeinschaften ein objektiver Geist, während der absolute Geist Kunst, Philosophie und Religion auszeichnet. Auch die Sozialwissenschaften benutzen den Begriff des Geistes, um auf Merkmale von Gemeinschaften hinzuweisen. In dem Sinne ist etwa Max Webers Rede vom „Geist“ des Kapitalismus zu verstehen. Dieser „Geist“ ergibt sich durch die Normen und Werte kapitalistischer Gemeinschaften. Im allgemeinen Sprachgebrauch findet sich beispielsweise die Formulierung: „Hier herrscht ein Geist der Eintracht“.

Die durch „Geist“ ausgedrückten Aspekte werden in der griechischen Antike vor allem durch pneuma (Geist, Hauch) und nous (Vernunft, Geist) umfasst. Hinzu kommen die Ausdrücke psychê (Seele), thymos (Leben(skraft), Zorn/Mut) und logos (Rede, Vernunft).

Pneuma wie auch nous bezeichnen jeweils teilweise ein menschliches Vermögen, aber auch ein kosmologisches Prinzip. Pneuma ist dabei der Wortbedeutung nach ein materiell gedachter Körper bewegter Luft. Nous hingegen wird mitunter auch immateriell gedacht. Zumeist wird er bei menschlichen Angelegenheiten aufnehmend gedacht, bei kosmischen anstoßend.

Der menschliche und der kosmologische Bereich (d. h. die Frage nach der Weltordnung) werden zumeist getrennt voneinander behandelt, wobei es jedoch Überschneidungen gibt. Bei diesen Übertragungen spielen u. a. zwei Aspekte eine Rolle:

Bezüglich pneuma der Gedanke, dass bewegte Luft, Atem ein (notwendiger) Bestandteil von Leben ist.

Bezüglich pneuma und nous die Übertragung von Eigenschaften eines Lebewesens auf den Kosmos:

bei pneuma insbesondere insofern es belebt ist,

bei nous insbesondere insofern es vernunftbegabt ist.

Ebenso wie unsere Seele, welche Luft ist, uns mit ihrer Kraft zusammenhält, so umfasst auch den ganzen Kosmos Wind [oder Atem, pneuma] und Luft

Bedeutsam ist der pneuma-Begriff auch in der medizinischen Sprache, in die er durch Diogenes von Apollonia im 5. Jh. v. Chr. gelangt und durch Erasistratos und bis zu Galenos im 2. Jh. n. Chr. weitere Ausprägungen erfährt. Von ihm stammt eine – auch in der späteren lateinischen Tradition – bedeutende Unterscheidung dreier pneumatischer Prinzipien, die aus dem Zusammenwirken von eingeatmeter Luft und der im Herzen hervorgebrachten Lebenswärme entstehen:

ein physisches pneuma (spiritus naturalis), das die vegetativen Funktionen erhält;

ein lebendiges pneuma (spiritus vitalis), ein Lebens- und Bewegungsprinzip;

ein psychisches pneuma (spiritus animalis), die Seele.

Seit dem Hellenismus und insbesondere in der römischen Stoa vermischen sich die beiden Aspekte menschliches Vermögen und kosmologisches Prinzip im Begriff des pneumaPneuma bezeichnet hier die materielle Substanz – die Stoiker waren Materialisten – sowohl der Einzelseele als auch der Weltseele. Pneuma ist somit ein stoffliches und zugleich geistiges Prinzip, das den gesamten – als Lebewesen vorgestellten – Kosmos durchdringt und dessen Organisation bewirkt. Das Pneuma im Menschen ist zum Lebensanfang wie ein unbeschriebenes Blatt, das mit sinnlichen Eindrücken und Vorstellungen gefüllt wird. Es ist zudem der lenkende Seelenteil, der die für Stoiker zentrale Forderung „in Übereinstimmung (mit der – als vernünftig gedachten – Natur) leben“ zu erfüllen ermöglicht