Das Buch Jesus Sirach, Kapitel 1

 
     
 

Erziehung zur Weisheit: 1,1 - 4,19

 
     
 

Die Quelle der Weisheit

 
Sir 1,1 Alle Weisheit stammt vom Herrn / und ewig ist sie bei ihm.  
Sir 1,2 Den Sand des Meeres, die Tropfen des Regens / und die Tage der Vorzeit, wer hat sie gezählt?  
Sir 1,3 Die Höhe des Himmels, die Breite der Erde / und die Tiefe des Meeres, wer hat sie gemessen?  
Sir 1,4 Früher als sie alle ist die Weisheit erschaffen, / von Ewigkeit her die verständige Einsicht.  
Sir 1,5 []  
Sir 1,6 Die Wurzel der Weisheit - wem wurde sie enthüllt, / ihre Pläne - wer hat sie durchschaut?  
Sir 1,7 []  
Sir 1,8 Nur einer ist weise, höchst Ehrfurcht gebietend: / der auf seinem Thron sitzt, der Herr.  
Sir 1,9 Er hat sie geschaffen, geschaut und gezählt, / sie ausgegossen über all seine Werke.  
Sir 1,10 Den Menschen ist sie unterschiedlich zugeteilt; / er spendet sie denen, die ihn fürchten.  
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Die Krone der Weisheit

 
Sir 1,11 Die Gottesfurcht ist Ruhm und Ehre, / Hoheit ist sie und eine prächtige Krone.  
Sir 1,12 Die Gottesfurcht macht das Herz froh, / sie gibt Freude, Frohsinn und langes Leben.  
Sir 1,13 Dem Gottesfürchtigen geht es am Ende gut, / am Tag seines Todes wird er gepriesen.  
Sir 1,14 Anfang der Weisheit ist die Gottesfurcht, / den Glaubenden ist sie angeboren.  
Sir 1,15 Bei den Frommen hat sie einen dauernden Wohnsitz / und bei ihren Nachkommen wird sie bleiben.  
Sir 1,16 Fülle der Weisheit ist die Gottesfurcht, / sie labt die Menschen mit ihren Früchten.  
Sir 1,17 Ihr ganzes Haus füllt sie mit Schätzen an, / die Speicher mit ihren Gütern.  
Sir 1,18 Krone der Weisheit ist die Gottesfurcht, / sie lässt Heil und Gesundheit sprossen.  
Sir 1,19 Verständnis und weise Einsicht gießt sie aus, / sie erhöht den Ruhm aller, die an ihr fest halten.  
Sir 1,20 Wurzel der Weisheit ist die Gottesfurcht, / ihre Zweige sind langes Leben.  
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Der Feind der Weisheit

 
Sir 1,21 Die Gottesfurcht hält Sünden fern, / wer in ihr verbleibt, vertreibt allen Zorn.  
Sir 1,22 Ungerechter Zorn kann nicht Recht behalten, / wütender Zorn bringt zu Fall.  
Sir 1,23 Der Geduldige hält aus bis zur rechten Zeit, / doch dann erfährt er Freude.  
Sir 1,24 Bis zur rechten Zeit hält er mit seinen Worten zurück, / dann werden viele seine Klugheit preisen.  
Sir 1,25 In den Kammern der Weisheit liegen kluge Sinnsprüche, / doch dem Sünder ist die Gottesfurcht ein Gräuel.  
Sir 1,26 Begehrst du Weisheit, so halte die Gebote / und der Herr wird dir die Weisheit schenken.  
Sir 1,27 Denn die Gottesfurcht ist Weisheit und Bildung, / an Treue und Demut hat Gott Gefallen.  
Sir 1,28 Sei nicht misstrauisch gegen die Gottesfurcht / und nahe ihr nicht mit zwiespältigem Herzen!  
Sir 1,29 Sei kein Heuchler vor den Menschen / und hab Acht auf deine Lippen!  
Sir 1,30 Überhebe dich nicht, damit du nicht fällst / und Schande über dich bringst; sonst enthüllt der Herr, was du verbirgst, / und bringt dich zu Fall inmitten der Gemeinde, weil du dich der Gottesfurcht genaht hast, / obwohl dein Herz voll Trug war.

Das Buch Jesus Sirach, Kapitel 2

 
Sir 2,1 Mein Sohn, wenn du dem Herrn dienen willst, / dann mach dich auf Prüfung gefasst!  
Sir 2,2 Sei tapfer und stark, / zur Zeit der Heimsuchung überstürze nichts!  
Sir 2,3 Hänge am Herrn und weiche nicht ab, / damit du am Ende erhöht wirst.  
Sir 2,4 Nimm alles an, was über dich kommen mag, / halt aus in vielfacher Bedrängnis!  
Sir 2,5 Denn im Feuer wird das Gold geprüft / und jeder, der Gott gefällt, im Schmelzofen der Bedrängnis.  
Sir 2,6 Vertrau auf Gott, er wird dir helfen, / hoffe auf ihn, er wird deine Wege ebnen.  
Sir 2,7 Ihr, die ihr den Herrn fürchtet, / hofft auf sein Erbarmen, / weicht nicht ab, damit ihr nicht zu Fall kommt.  
Sir 2,8 Ihr, die ihr den Herrn fürchtet, vertraut auf ihn / und er wird euch den Lohn nicht vorenthalten.  
Sir 2,9 Ihr, die ihr den Herrn fürchtet, hofft auf Heil, / auf immer währende Freude und auf Erbarmen!  
Sir 2,10 Schaut auf die früheren Generationen und seht: / Wer hat auf den Herrn vertraut / und ist dabei zuschanden geworden? Wer hoffte auf ihn und wurde verlassen? / Wer rief ihn an und er erhörte ihn nicht?  
Sir 2,11 Denn gnädig und barmherzig ist der Herr; / er vergibt die Sünden und hilft zur Zeit der Not.  
Sir 2,12 Weh den mutlosen Herzen und den schlaffen Händen, / dem Menschen, der auf zweierlei Wegen geht.  
Sir 2,13 Weh dem schlaffen Herzen, weil es nicht glaubt; / darum wird es keinen Schutz haben.  
Sir 2,14 Weh euch, die ihr die Hoffnung verloren habt. / Was werdet ihr tun, wenn euch der Herr zur Rechenschaft zieht?  
Sir 2,15 Wer den Herrn fürchtet, ist nicht ungehorsam gegen sein Wort, / wer ihn liebt, hält seine Wege ein.  
Sir 2,16 Wer den Herrn fürchtet, sucht ihm zu gefallen, / wer ihn liebt, ist erfüllt von seinem Gesetz.  
Sir 2,17 Wer den Herrn fürchtet, macht sein Herz bereit / und demütigt sich vor ihm.  
Sir 2,18 Besser ist es, in die Hände des Herrn zu fallen / als in die Hände der Menschen. Denn wie seine Größe, so ist sein Erbarmen, / und wie sein Name, so sind auch seine Werke.

Das Buch Jesus Sirach, Kapitel 3

 
Sir 3,1 Hört, ihr Söhne, was das Recht des Vaters ist, / und handelt danach, damit es euch gut geht.  
Sir 3,2 Denn der Herr hat den Kindern befohlen, ihren Vater zu ehren, / und die Söhne verpflichtet, das Recht ihrer Mutter zu achten.  
Sir 3,3 Wer den Vater ehrt, erlangt Verzeihung der Sünden, /  
Sir 3,4 und wer seine Mutter achtet, / gleicht einem Menschen, der Schätze sammelt.  
Sir 3,5 Wer den Vater ehrt, wird Freude haben an den eigenen Kindern, / und wenn er betet, wird er Erhörung finden.  
Sir 3,6 Wer den Vater achtet, wird lange leben, / und wer seiner Mutter Ehre erweist, der erweist sie dem Herrn.  
Sir 3,7 Wer den Herrn fürchtet, ehrt seinen Vater / und dient seinen Eltern wie Vorgesetzten.  
Sir 3,8 Mein Sohn, ehre deinen Vater in Wort und Tat, / damit aller Segen über dich kommt.  
Sir 3,9 Der Segen des Vaters festigt die Wurzel, / doch der Fluch der Mutter reißt die junge Pflanze aus.  
Sir 3,10 Such deinen Ruhm nicht darin, den Vater herabzusetzen, / denn das ist keine Ehre für dich.  
Sir 3,11 Die Ehre eines Menschen ist die seines Vaters; / wer seine Mutter verachtet, sündigt schwer.  
Sir 3,12 Mein Sohn, wenn dein Vater alt ist, nimm dich seiner an / und betrübe ihn nicht, solange er lebt.  
Sir 3,13 Wenn sein Verstand abnimmt, sieh es ihm nach / und beschäme ihn nicht in deiner Vollkraft!  
Sir 3,14 Denn die Liebe zum Vater wird nicht vergessen, / sie wird als Sühne für deine Sünden eingetragen.  
Sir 3,15 Zur Zeit der Bedrängnis wird sie dir vergolten werden; / sie lässt deine Sünden schmelzen wie Wärme den Reif.  
Sir 3,16 Wie ein Gotteslästerer handelt, wer seinen Vater im Stich lässt, / und von Gott ist verflucht, wer seine Mutter kränkt.  
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Bescheidenheit

 
Sir 3,17 Mein Sohn, bei all deinem Tun bleibe bescheiden / und du wirst mehr geliebt werden als einer, der Gaben verteilt.  
Sir 3,18 Je größer du bist, umso mehr bescheide dich, / dann wirst du Gnade finden bei Gott.  
Sir 3,19 []  
Sir 3,20 Denn groß ist die Macht Gottes / und von den Demütigen wird er verherrlicht.  
Sir 3,21 Such nicht zu ergründen, was dir zu wunderbar ist, / untersuch nicht, was dir verhüllt ist.  
Sir 3,22 Was dir zugewiesen ist, magst du durchforschen, / doch das Verborgene hast du nicht nötig.  
Sir 3,23 Such nicht hartnäckig zu erfahren, / was deine Kraft übersteigt. / Es ist schon zu viel, was du sehen darfst.  
Sir 3,24 Vielfältig sind die Gedanken der Menschen, / schlimmer Wahn führt in die Irre.  
Sir 3,25 [Wer kein Auge hat, dem fehlt das Licht, / wer keine Einsicht hat, dem fehlt die Weisheit.]  
Sir 3,26 Ein trotziges Herz nimmt ein böses Ende, / wer aber das Gute liebt, den wird es geleiten.  
Sir 3,27 Ein trotziges Herz schafft sich viel Leid / und der Frevler häuft Sünde auf Sünde.  
Sir 3,28 Für die Wunde des Übermütigen gibt es keine Heilung, / denn ein giftiges Kraut hat in ihm seine Wurzeln.  
Sir 3,29 Ein weises Herz versteht die Sinnsprüche [der Weisen], / ein Ohr, das auf die Weisheit hört, macht Freude.  
Sir 3,30 Wie Wasser loderndes Feuer löscht, / so sühnt Mildtätigkeit Sünde.  
Sir 3,31 Wer Gutes tut, dem begegnet es auf seinen Wegen, / sobald er wankt, findet er eine Stütze.

Das Buch Jesus Sirach, Kapitel 4

 
     
 

Mildtätigkeit

 
Sir 4,1 Mein Sohn, entzieh dem Armen nicht den Lebensunterhalt / und lass die Augen des Betrübten nicht vergebens warten!  
Sir 4,2 Enttäusche den Hungrigen nicht / und das Herz des Unglücklichen errege nicht!  
Sir 4,3 Verweigere die Gabe dem Bedürftigen nicht  
Sir 4,4 und missachte nicht die Bitten des Geringen!  
Sir 4,5 Verbirg dich nicht vor dem Verzweifelten / und gib ihm keinen Anlass, dich zu verfluchen.  
Sir 4,6 Schreit der Betrübte im Schmerz seiner Seele, / so wird Gott, sein Fels, auf sein Wehgeschrei hören.  
Sir 4,7 Mach dich beliebt in der Gemeinde, / beuge das Haupt vor dem, der sie führt.  
Sir 4,8 Neige dem Armen dein Ohr zu / und erwidere ihm freundlich den Gruß!  
Sir 4,9 Rette den Bedrängten vor seinen Bedrängern; / ein gerechtes Gericht sei dir nicht widerwärtig.  
Sir 4,10 Sei den Waisen wie ein Vater / und den Witwen wie ein Gatte! Dann wird Gott dich seinen Sohn nennen, / er wird Erbarmen mit dir haben / und dich vor dem Grab bewahren.  
     
 

Der Weg zum Leben

 
Sir 4,11 Die Weisheit belehrt ihre Söhne, / sie mahnt eindringlich alle, die auf sie achten.  
Sir 4,12 Wer sie liebt, liebt das Leben, / wer sie sucht, wird Gott gefallen.  
Sir 4,13 Wer sie ergreift, findet Ehre beim Herrn / und wird unter Gottes Segen leben.  
Sir 4,14 Der Dienst an ihr ist Dienst am Heiligtum; / wer sie liebt, den liebt der Herr.  
Sir 4,15 Wer auf mich hört, wird gerecht richten, / wer mir zuhört, wohnt in meinen innersten Kammern.  
Sir 4,16 Hat er Vertrauen zu mir, wird er mich erlangen, / auch seine Nachkommen werden mich besitzen.  
Sir 4,17 Denn unerkannt gehe ich mit ihm / und prüfe ihn durch Versuchungen. Furcht und Bangen lasse ich über ihn kommen, / bis sein Herz von mir erfüllt ist.  
Sir 4,18 Dann wende ich mich ihm zu, / zeige ihm den geraden Weg und enthülle ihm meine Geheimnisse.  
Sir 4,19 Weicht er ab, so verwerfe ich ihn / und überlasse ihn denen, die ihn vernichten.  
     
 

Die Gottesfurcht im Leben der Gemeinschaft: 4,20 - 18,14

 
     
 

Die echte und die falsche Scham

 
Sir 4,20 Mein Sohn, achte auf die rechte Zeit / und scheue das Unrecht! Deiner selbst sollst du dich nicht schämen müssen.  
Sir 4,21 Es gibt eine Scham, die Sünde bringt, / und eine Scham, die Ehre und Ruhm einträgt.  
Sir 4,22 Sei nicht parteiisch, dir selbst zum Schaden, / strauchle nicht, dir selbst zum Fall.  
Sir 4,23 Halte zur rechten Zeit dein Wort nicht zurück, / verbirg deine Weisheit nicht!  
Sir 4,24 Denn die Weisheit zeigt sich in der Rede / und die Einsicht in der Antwort der Zunge.  
Sir 4,25 Widerstreite der Wahrheit nicht; / deiner Torheit sollst du dich schämen.  
Sir 4,26 Schäme dich nicht, von der Sünde umzukehren, / leiste nicht trotzig Widerstand!  
Sir 4,27 Unterwirf dich nicht dem Toren, / nimm keine Rücksicht auf den Herrscher!  
Sir 4,28 Bis zum Tod setz dich ein für das Recht, / dann wird der Herr für dich kämpfen.  
Sir 4,29 Sei nicht prahlerisch mit deinen Worten / und schlaff und matt in deinem Tun!  
Sir 4,30 Spiel nicht in deinem Haus den Löwen, / vor dem sich deine Knechte fürchten müssen.  
     
 

Das rechte Verhalten gegen den Besitz

 
Sir 4,31 Deine Hand sei nicht ausgestreckt zum Nehmen / und verschlossen beim Zurückgeben.
 

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